Obst -saisonal und lecker

Mein Ernährungsverhalten hat sich ja in kleinen Schritten in den letzten Jahren immer mehr verändert. Sobald man einmal damit angefangen hat sich mit gesundem und nachhaltigen Essen zu beschäftigen, kommt man da auch nicht mehr raus. Das Wissen ist ja nicht weg, es begleitet dich und formt dein Verhalten immer mehr, irgendwo gibt es immer Luft zum optimieren 🙂
Ein Thema, was mir ziemlich leicht gefallen ist und aus dem ich noch nicht mal ne richtige challenge machen mussten, war saisonales Obst kaufen. Und das ist auf Bauernmärkten natürlich relativ leicht gemacht, weil dort nur Saisonales Obst angeboten wird. Bauernmärkte sind spezielle Märkte, auf denen nur Bauern aus der Region ihren Stand haben. Ich habe für regionale und nachhaltigen Einkauf entdeckt, dass es das effektivste ist, einfach auf solchen Märkten einzukaufen, weil dir dann die Überlegung: „was hat grad Saison, was ist aus der Region oder doch vom Großmarkt?“ einfach wegfällt. Und ich finde dass man hier mal eindeutig sagen kann, dass Umweltbewusst Gemüse und Obst kaufen nicht teuer sein muss – denn, wenn man nur Dinge kauft, die gerade Saison haben, dann sind diese auch günstiger, als das was im Supermarkt aus Chile importiert wurde. Wann und wo in deiner Stadt solche Märkte sind, findest du im Internet und du wirst feststellen, dass es mehr sind als man denkt. Für Hannover gibts einen Überblick (auch mit Auflistung der Marktstände) hier:
https://bauernmarkt-hannover.de/

Seit ungefähr einem Jahr habe ich mein Obst nun nur noch nach Saison und Regional gekauft – heißt im Frühjahr Rhabarber (ja, ich weiß, ist ein Gemüse, ich esse es aber wie Obst), gefolgt von Erdbeeren. Danach im Sommer die ganzen Johannis-/Brom-/Heidel-/Him-Beeren, und Kirchen, gefolgt von Äpfeln, Birnen und Zwetschgen im Herbst. Äpfel sind so gut lagerbar, dass es sie bis in die nächste Saison hinein noch aus der Lagerung gibt. Wenn man mal darauf achtet, ist das richtig viel und lecker und man kann auf die Pampelmuse, die aus Mittelamerika importiert wird, auch gut verzichten. Schlimmer ist nur Äpfel aus Argentinen zu kaufen, obwohl sie im Nachbarsgarten wachsen. Also, über mangelnde Vielfalt und Vitamin-Haushalt kann man jedenfalls nicht klagen. Natürlich hat man auch mal Lust auf eine Zitrusfrucht oder Mango… und es spricht auch nichts dagegen, dass ab und zu zur Ergänzung zu kaufen. Ich habe zum Beispiel noch keine gute Alternative zu Bananen gefunden. Tolles Gewächs. Macht satt, ist nicht schwer und gesund dazu. Mega-frucht, die leider in keinen europäischen Gefilden so richtig wächst. Daher kaufe ich diese dann halt auch aus Costa Rica, dann aber wenigstens in Bio-qualität.

noch besser: selbstgeerntet aus dem Garten

Und ich habe eine extrem große Bereicherung in meinem Leben gefunden, die mich wahrscheinlich auch noch gesünder durch den Winter bringt, als sonst. Nämlich Baumpatenschaften in Spanien und Italien. Crowdfarming ist eine Platform, die mich Endverbraucher direkt mit dem Farmer verknüpft. Jeder Farmer hat ein Profil, auf dem er seine Bepflanzungs- und ernte-Art vorstellt und man kauft sich für eine Saison zum Beispiel eine Orangenpatenschaft. Heißt, man sagt, wie viele Kilo man insgesamt während der Erntesaison abnehmen will und bestellt dann die Kisten (5 bis 10kg das Stück) während dieser Monate zu sich nach Hause. Ich habe letztes Jahr beispielsweise mit Orangen angefangen, einige Freunde begeistert und dieses Jahr mit Mangos, Avocados, Zitronen und Grapefruits weiter gemacht. Wenn man es gut plant, kann ich den gesamten Winter über (Zitruspflanzen haben in Spanien zwischen November und März Erntezeit) jeden Tag eine Orange, Grapefruit und Zitrone verspeisen… und ich sag mal so: anderes Obst, brauch ich dann auch nicht mehr zu kaufen.

Geliefert werden die Früchte direkt nach der Ernte, in einem stabilen Karton (aus denen ich inzwischen schon Regale gebastelt habe) ohne Plastik, von DHL. Drin liegt immer noch ein kleiner Zettel vom Farmer mit Informationen zu dem Produkt und der Geruch strömt schon durch die Löcher. Das größte Argument für diese Art von Obstbeschaffung ist ohne Frage, der Geschmack! Ich habe nicht gewusst, wie geil saftig Orangen schmecken können. Und das man die Schale von Mangos einfach abziehen kann ohne Sauerei.

Einige der Farmer (das kann man im Profil sehen oder danach filtern) verzichten komplett auf Pestizide, was ich beim beißen in eine Orangenspalte auch merke und daher bevorzuge, das macht sich dann natürlich auch im Preis bemerkbar. Der Preis spielt beim kauf von Lebensmitteln natürlich immer eine Rolle, daher hab ich mir mal die Mühe gemacht und verglichen. Was kostet der Spaß jetzt wirklich?
Erstmal ist der vergleich nicht einfach, weil man die Baumpatenschaft bezahlt, je nach dem, wie viel man abnimmt und dann eine Liefergebühr für jede Kiste, die man über die Saison verteilt bestellen kann.

Ich habe für Orangen, Grapefruit, Zitronen und Avocados einmal verschiedene Anbieter (aus Spanien und Italien) verglichen. Der Kilopreis von Orangen schwankt von 2,9€ bis 3,8€ pro Kilo, was einem Bio-Orangen-Kilopreis im Supermarkt (meist von Übersee) entspricht. Bei Avocados habe ich feststellen müssen, dass diese tatsächlich aufs Kilo gerechnet um einiges günstiger sind, weil man in Deutschland Avocados pro Stück bezahlt. Grapefruits sind gut 1€ pro Kilo teurer. Ich werde mal sehen ob die Qualität dies aufwiegt.

Bei Orangen habe ich inzwischen so viele Abnehmer (mehr Menge, macht natürlich günstiger),
dass ich Orangen/Apfelsinen gar nicht mehr konventionell kaufe.
Ich kann es nur empfehlen einfach mal auszuprobieren… gesund, lecker, saisonal, nachhaltig und umweltschonender, im Gegensatz zu dem konventionellen Kaufverhalten. Und ich sag euch, die Freude, wenn der DHL Mann mit ner Kiste duftender Mangos vor eurer Tür steht ist sicher genauso groß, wie bei dem neuen Paar Turnschuhen 😉

Hier findet ihr den Weg dorthin (und nein, ich bekomme kein Geld dafür!):
https://www.crowdfarming.com/de

Und vergessen sind die guten Vorsätze…

Könnt ihr euch noch daran erinnern, wie wir uns alle im April über die sich erholende Natur gefreut haben… Delfine in Venedig und so? Wenn ich jetzt die Straßen und die Mülleimer sehe könnt ich kotzen. Haben wir alles vergessen? Wir wollten Strohhalme abschaffen…jetzt haben wir überall Masken rumliegen. Wir wollten Plastiktüten im Supermarkt verbieten, jetzt gibt jedes Restaurant sein Abholessen in Plastiktüten raus. Support your Local – und warum ist der DHL Mann so gestresst und die Mülltonnen quellen über vor Amazon-Paketen? Irgendwas haben wir vergessen, während alle damit beschäftigt sind, Kontakte zu unterbinden. Wir scheinen wieder vergessen zu haben, dass wir auf dem Weg waren unsere Umwelt mehr zu schätzen. Oder wir sind einfach zu viele Scheinheilige.

1 Jahr Flugfrei

Was andere für selbstverständlich halten, gehörte bei mir sehr lange nicht zum Leben.
Das was ich im Jahr 2019 an CO2 durch Flüge verursacht habe, entspricht wahrscheinlich dem durchschnitt einer Familie in 5 Jahren. Angefangen mit 2 Inlandsflügen in Peru (wo ich schon 4 Wochen unterwegs war) über den Langstreckenrückflug Peru via Amsterdam nach Hannover, weiter im Mai nach Malaysia, 2 Inlandsflüge und den langstreckenflug zurück. Dann nochmal eben 24h beruflich nach Wien (hier habe ich immerhin eine Strecke per Zug gemacht). Und zu guter letzt ein langes Wochenende auf Mallorca mit anschließendem Urlaub auf Mauritius. Der Rückflug von dort nach Frankfurt am 5.10.2019 Wird der letzte innerhalb des nächsten Jahres sein. Das weiß ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Doch heute, am 1.11.2020 sitze ich das nächste mal in einem Flugzeug. Und schaue auf ein besonderes Jahr zurück. Hat mir das fliegen wirklich gefehlt? Ein klares Nein. Bei all den Einschränkungen, die das Jahr 2020 mit sich gebracht haben, war dies die einfachste Einschränkung. Ich habe sowohl Hannovers Region besser kennengelernt, aber auch eine tolle Zeit bei Wanderungen, vorallem über die Alpen, verbracht – ich war in Österreich und Italien, ganz ohne Flug. Das ich den Rückweg von Wien nach Hannover das Flugzeug gemieden habe, war tatsächlich eine bewusste Entscheidung für die Umwelt und für die persönliche challenge „1 Jahr Flugfrei“ – denn nachdem ich schon so viele Monate ohne ausgekommen war, wollte ich den Zeitraum von einem kompletten Jahr auch noch voll machen. Eine gute Entscheidung, mit wichtigen Erkenntnissen. Nämlich, das man Dinge mehr wertschätzt, wenn man sie nicht ständig macht, dass man viel erleben kann ohne zu fliegen und dass fliegen teurer werden muss, damit es sich lohnt und nachhaltiger wird.
Um diese Erkenntnisse zu haben muss ich natürlich auch den Entzug brechen und mich in ein Flugzeug begeben.

Nach 393 Tagen sitze ich nun in der TUIfly auf dem Weg nach Faro – mitten während des gerade verhängen Lockdowns in Deutschland- welch kluge Entscheidung einfach das Land in ein nicht-Risokogebiet zu verlassen, wenn man schon nicht inlands-touristisch reisen darf.
Der Flieger ist traurig (rein auf den fehlenden Tourismus bezogen) leer über 100 freie Plätze – Abstand halten also hier kein Problem. Wir haben jeweils eine eigene Reihe. Und dann rollen wir in Hannover los.
Freudig klatschend sitze ich im Flieger, als dieser auf der Startbahn beschleunigt. Der Moment nach dem abheben, wenn die Schwerelosigkeit einsetzt und es im Bauch kribbelt ist genial. Das nächste Highlight folgt: der Durchbruch durch die Wolkendecke. Man fliegt durch etwas, das wie Watte am Himmel klebt und kommt in eine andere Welt. Die Welt über den Wolken, die man nur aus einem Flugzeug so bestaunen kann. Der Anblick ist immer wieder atemberaubend und ich kann mich daran nicht sattsehen.
Reinhard May hat es so schön beschrieben und besungen wie kaum einer: “ Über den Wolken.. muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, alle Ängste, alle sorgen sagt man, blieben darunter verborgen und dann, würde was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein. „
Ich finde das hat immer wieder etwas besonderes.

…nur von fern dröhnt monoton, dass summen der Motoren…

Was für eine wunderschöne Welt wir doch haben (die ich gerade verpeste). Welch Errungenschaft das Fliegen in einem Flugzeug doch ist und welch Privileg es ist, dass es uns möglich ist dies zu nutzen. Ein Privileg, dass nur etwa 10% der Menschheit genießt. Ja, wir, erste Welt Menschen sehen dies immer als selbstverständlich an, aber wir sind nur ein kleiner Teil der Weltbevölkerung, denen es finanziell möglich ist durch Die Welt zu jetten. Die meisten Menschen auf der Welt verlassen ihr Heimatland während ihres gesamten Lebens nicht.
Wenn man sich das einmal bewusst macht, bekommt so ein Flug nochmal eine ganz andere Bedeutung. Und ja, wenn man keine 10 Flüge im Jahr macht, ist das fliegen auch nicht mehr so selbstverständlich und man würdigt es viel mehr.
Also: Lasst Dinge nicht selbstverständlich werden. Wenn man sie seltener macht, bekommen sie erst den Wert des besonderen und du wirst es viel mehr schätzen.

Meine Erkenntnis nach einem Jahr Flugentzug: ich werde versuchen weniger zu fliegen. Ich hatte nachdem ökologisch riesigen Fußabdruck in 2019 mir für 2020 auch schon vorgenommen nur 2 Flugreisen, ohne Langstrecke, zu unternehmen. Ich denke dass kann ein guter Ansatz sein. Eine Fernreise pro Jahr, dann mit mehr Zeit vor Ort und dafür zusätzlich eine Reise, die über Land erreichbar ist, denn oftmals sind bei Überland-reisen die Wege viel mehr das Ziel und zumindest spannender als nur darüber hinweg zu fliegen.
Ein bisschen hat zu dieser Inspiration auch ein Buch beigetragen, was ich ironischerweise, gerade jetzt auf diesem Flug lese. „Das nächste mal bleib ich daheim“ wird von einer deutschen erzählt, die ein nicht unähnliches Reiseverhalten an den Tag legt, wie ich. Und sie hinterfragt sich selbst, während sie in Südamerika ist (auch ich hatte in Peru meine ersten Reise-erkenntnisse) und regt mit ihren Fragen zum Nachdenken und zu offener Diskussion an. Ohne das Ende des Buches zu kennen: sehr empfehlenswert.

Natürlich wünsche ich, dass vorallem nach dem Jahr 2020 viele Menschen die Reiselust packt und der Tourismus wieder in Schwung kommt, aber ich würde mir auch wünschen, dass wir alle bewusster entscheiden, wann und wie oft ein Flug wirklich nötig ist. Die Lösung dafür sehe ich darin, dass fliegen wieder mehr Kosten muss, damit es mehr wert ist und umweltschonendere Alternativen attraktiver werden.

Reist Leute! – lang, viel und intensiv – und mit bedacht und fliegt, Leute! – weit, hoch, mit Genuss – und mit bedacht.

Reist und nehmt dass beste mit- die Erfahrung und Erlebnisse einer neuen Welt – aber macht euch bewusst, was euer Konsum und Verhalten für Auswirkungen hat. Wir wollen dass der Tourismus noch lange lebt und ein positiver Beitrag in der Welt ist, nicht einer, der sie zerstört.
Puh. Ganz schön hohe Worte für die Dame, mit den 3 Fernreisen im Jahr. Aber jeder kleiner Schritt zählt. In Hoffnungsvoller Vorfreude auf einen baldigen, wiederbelebten, gesunden Tourismus.